Die Politikwissenschaft, die sich vor den 1950er-Jahren hauptsächlich auf die Analyse der institutionellen Ebene politischer Systeme (Politische Systeme) konzentrierte, kam durch die Zusammenbrüche der Demokratien in Deutschland und Italien in Erklärungsnot. Auch das Hinzuziehen diverser »Modernisierungstheorien« (z.B. Industrialisierung, Bildung) und ihre jeweiligen Einflüsse auf Politik und Gesellschaft lieferte keine ausreichenden Antworten. Um (westliche) Demokratien langfristig stabil halten zu können, schien neben der »Hardware« (z.B. Institutionen, Organe, Verfassung) auch die »Software«, also das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Staat, eine außerordentliche Rolle zu spielen – die politische Kulturforschung war geboren.

Sie verband nun die klassischen Systemtheorien mit einer vergleichenden Umfrageforschung und damit die dynamische Mikroebene (individuelle und kollektive Haltung gegenüber dem System) mit der starren Makroebene (übergeordnete Struktur und System), um die Stabilität oder den Wandel von politischen Systemen erklären zu können. Ein stabiles Regime erfordert demnach die Kompatibilität des politischen Systems mit der politischen Kultur der Bevölkerung als Summe ihrer politisch relevanten Einstellungen, Meinungen und Werte.

Teilweise wird zur politischen Kultur außerdem die politische Bildung der Bevölkerung hinzugezählt: Sind (institutionelle) Wirkungsweisen, Entscheidungsträger und Möglichkeiten der politischen Prozesse bekannt bzw. werden offen kommuniziert, verleiht das einem demokratischen System unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Beschlüsse zusätzliche Akzeptanz.

Ansätze politischer Kulturforschung

Politische Kultur in Deutschland